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Zurück zu Aktuelles >Corona-Krise: EU reagiert halbherzig


Die EU-Kommission hat Maßnahmen zur Unterstützung der am stärksten von der Corona-Krise betroffenen landwirtschaftlichen Sektoren vorgeschlagen.

Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören u.a. Beihilfen für die private Lagerhaltung von Milcherzeugnissen und (Rind-)Fleisch. Diese Regelung ermöglicht die vorübergehende Marktrücknahme von Erzeugnissen für einen Zeitraum von mindestens zwei bis drei und höchstens fünf bis sechs Monaten. Ziel ist, das Überangebot vom Markt zu nehmen, um langfristig das Marktgleichgewicht wieder herzustellen.

Dem Milchsektor soll zudem eine Abweichung von den EU-Wettbewerbsregeln zugestanden werden. Den Marktteilnehmern soll erlaubt werden, selbstorganisierte Marktmaßnahmen zu treffen. Konkret soll es in diesen Sektoren gestattet sein, kollektiv Maßnahmen zur Marktstabilisierung zu ergreifen. So wird im Milchsektor eine kollektive Planung der Milcherzeugung gestattet. Die entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse sollen für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten gültig sein. Um nachteilige Auswirkungen zu vermeiden, werden die Entwicklungen der Verbraucherpreise genau überwacht.

Ziel: Signal aussenden

Laut EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski will die Kommission damit „ein Signal zur Stabilisierung der Märkte aussenden“. Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien „am besten geeignet“, um die künftigen Preise und die künftige Produktion zu stabilisieren und damit eine stabile Lebensmittelversorgung sowie die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. „Ich bin zuversichtlich, dass diese Maßnahmen die Märkte entlasten und rasch konkrete Ergebnisse zeigen werden“, so der Agrarkommissar (zweck-)optimistisch.

Die EU-Kommission möchte diese Maßnahmen bis Ende April verabschiedet sehen. Sie schließen an ein Paket anderer Krisenmaßnahmen an, das die EU-Kommission bereits Anfang April verabschiedet hat. Dazu gehören höhere Beträge für staatliche Beihilfen, höhere Vorauszahlungen, verlängerte Fristen für die Einreichung von Zahlungsanträgen sowie eine größere Flexibilität bei den Vorschriften der Gemeinsamen Agrarpolitik.

Nicht verwechseln mit Intervention!

Um Missverständnisse auszuräumen: Die Beihilfen für die private Lagerhaltung sind nicht zu verwechseln mit einer öffentlichen Intervention. Bei einer öffentlichen Intervention kaufen die EU-Länder Erzeugnisse auf und lagern sie so lange, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Markt gebracht und verkauft werden.

Die öffentliche Intervention erfolgt entweder über einen Ankauf zu einem festen Preis oder über ein Ausschreibungsverfahren. Bei einem Ankauf zu einem festen Preis legt die EU einen Preis fest, zu dem die öffentliche Hand eine bestimmte Menge eines bestimmten Erzeugnisses aufkauft. Bei einem Ausschreibungsverfahren teilen die Verkäufer mit, zu welchem Preis sie ihre Ware anbieten. Die günstigsten Angebote erhalten den Zuschlag und werden von der EU bzw. den Mitgliedstaaten aufgekauft. Wenn sich der Markt wieder erholt hat, werden die Lagerbestände im Rahmen eines Ausschreibungsverfahren verkauft.

Beteiligung an den Lagerungskosten

Anders bei der Lagerhaltung der Erzeugnisse durch private Marktteilnehmer. Wie der Begriff es bereits aussagt, sind es in diesem Mechanismus Privatunternehmen, die Ware vom Markt nehmen, indem sie sie einlagern. In Krisensituationen kann die EU für dieses Vom-Markt-Nehmen eine zeitlich befristete Beihilfe gewähren (sprich: einen Teil der Kosten der Lagerhaltung übernehmen).

Der jetzige Kommissionsvorschlag sieht 30 Mio. Euro Unterstützung für die private Lagerhaltung von Milchprodukten vor (und 45 Mio. Euro für Fleisch). Die Höhe der Lagerbeihilfe ist unterschiedlich je nach Produkt. Für Butter und Milchpulver gilt ein Pauschalbetrag von 9,83 Euro/t zuzüglich eines Tagestarifs von 0,43 Euro/t. Für eine Lagerdauer von z.B. drei Monaten ergibt dies eine Beihilfe von knapp 50 Euro/t. Für Magermilchpulver und Käse belaufen sich die Beträge auf 5,11 Euro/Tonne und 0,13 Euro/Tag u. Tonne bzw. 15,57 Euro/Tonne und 0,40 Euro pro Tag u. Tonne. Die Lagerhalter müssen eine Bürgschaft hinterlegen (10 Euro/t für Magermilchpulver und 20 Euro/t für Käse).

Das reicht nicht

Der Bauernbund begrüßt die angekündigten Maßnahmen für Beihilfen für den Milch- und den Rindfleischsektor, kritisiert aber scharf, dass der Zierpflanzen- und der Kartoffelsektor, die beide von der Krise schwer und akut betroffen sind, völlig vergessen werden. „Die europäischen Maßnahmen enthalten keine Lösungen für die Liquiditätsprobleme der Betriebe“, bedauert Sonja De Becker. „Die EU-Kommission darf die Verantwortung dafür nicht einfach auf die Mitgliedstaaten oder Sektoren abwälzen, sondern sie muss zusätzliche europäische Gelder bereitstellen. Und: Die EU muss Verantwortung als Hüterin des Binnenmarkts und Verwalterin der Agrarpolitik übernehmen.“